Das „Jahrhundertspiel“ Teil 1 in der Analyse.
Die Aufstellung


Oben: Die Aufstellung mit Toren, Vorlagen und algorithmisch (aus statistischen Spieldaten) generierten Noten.
Die Realaufstellung der SGE, also die Orte, wo die jeweiligen Spieler sich im Durchschnitt aufgehalten haben.
Die Noten in Klammern oben sind Übersetzungen der Bewertungen der Seite sofascore.com. Sie werden automatisch generiert anhand der individuellen Spieldaten jedes einzelnen Spielers. Nur bei der Torwartposition muss die Note etwas angepasst werden, da die algorithmischen Bewertungen systematisch negativer ausfallen als die der Feldspieler. Auch die Informationen zur Realaufstellung sind Zitate nach sofascore.com.
Die Statistik


Die Highlights
Die Analyse
Für das gute Spiel und Ergebnis der Eintracht gab es mehrere ausschlaggebende Gründe:
- Barca-Rotation
Barcelona-Trainer Xavi rotierte zwei seiner zentralen und wichtigsten Spieler aus der Mannschaft, sowohl Mittelfeldspieler Frenkie de Jong als auch Spielmacher-Rechtsaußen Dembélé blieben draußen. Insbesondere das Fehlen von Dembélé machte sich stark bemerkbar und veränderte auch die Statik des Barca-Spiels. Dembélé-Ersatz Traoré ist zwar auch ein starker, antrittsstarker Rechtsaußen mit Stärken im 1 gg. 1, er ist aber eben kein Ideengeber und da Barca sonst von den Impulsen Dembélés stark abhängig ist, sah das Spiel der Gäste bis zur Dembélé – Einwechslung entsprechend aus und war von der SGE meist recht gut zu verteidigen.
Dass Xavi diese Wechsel vornahm und sie später korrigieren musste, um nicht als Verlierer vom Platz zu gehen, ist ein Indiz dafür, dass Xavi trotz anderslautender Beteuerungen die SGE ziemlich unterschätzt hatte.
2. Herausragende Einzelleistung von Hinteregger
Da die 5er-Kette bzw. die hintere Reihe insgesamt vergleichsweise breit stehen musste, um die beiden Außenstürmer mit Ballannahme bekämpfen zu können, kam viel darauf an, wie Hinteregger in der Zentrale die Situationen gegen Aubameyang & Co würde lösen können. Daher stand Hinteregger sehr oft im Fokus und Aubameyang kam fast über das gesamte Spiel nur dann zu Abschlüssen, wenn Hinteregger mal ein Fehler unterlief, wie in der 17. Minute (eintracht.tv ab 20:41), was aber selten vorkam. (Beim Gegentor steht er allerdings einen halben Meter zu tief, kann daher den ersten Steckpass von Ferran nicht verhindern.)
Stattdessen war Hinteregger in fast allen Situation extrem antizipations- und zweikampfstark, hier eine Szene aus der 28. Minute:


Übrigens spielte Hinteregger auch einige sehr starke Aufbaupässe, meist flache Halbdistanzbälle, aber auch einige diagonale Flugbälle, war sehr passsicher.
3. Starke Breitenverteidigung der SGE
Die Eintracht-Kette war von Glasner sehr gut auf das extrem breite Barca- „Spiel in der Spitze“ vorbereitet worden und bearbeitete die Versuche, über die sehr weit außen postierten Außenstürmer zu spielen, durch breites und sehr schnelles, konsequentes Anlaufen. Hier eine Szene aus der Anfangsphase:

Dazu mussten beide Schienenspieler Kostic und Knauff allerdings sehr diszipliniert nach hinten arbeiten, was sie in dieser und vielen anderen Szenen taten. Erst mit der Einwechslung von Dembélé bekommt Kostic links Probleme.
4. Starke Gegenpressing-Überwindungsstrategie der Eintracht
Wie in dem hier veröffentlichten Barca-Check bereits angenommen, passte die größte Eintracht-Stärke, die Spieleröffnung aus engen Räumen durch Schnellkombinationen, gewissermaßen perfekt auf das größte Einfallstor für Gegenangriffe bei Barcelona. Das zeigte sich bereits in der 6. Minute eindrucksvoll bei der Mega-Chance von Sow. Ausgangspunkt war ein von Barca abgefangener SGE-Angriff.

Sow leitet den Schnellangriff dann stark ein, überwindet zunächst 15 Meter per Tempodribbling, um den ersten Defensiven von Barca zu binden:

Den Lindström-Rückpass auf Sow setzt dieser dann völlig freistehend neben das Tor, aber diese Situation zeigt, wie sehr die SGE-Stärke bei den Schnellkombinationen zum Tor das Barca-Gegenpressing überspielen kann (eintracht.tv ab 9:52).
5. Überzahl im Mittelfeld
Um möglichst viele Bälle schon zu blocken bzw. zu gewinnen, bevor sie bei den schnellen, 1 gg. 1 – starken Ferran und Traoré, später Dembélé landen konnten, setzte die SGE auf dauerhafte Überzahl im Mittelfeld und verzichtete dafür auch meist auf das sonst praktizierte Angriffspressing.

6. Eigenes SGE-Aufbauspiel hauptsächlich über Flugbälle auf die Außen
Die Eintracht probierte es aber durchaus auch über eigene Aufbausituationen und das gar nicht so unerfolgreich. Meist wurde ein 2- bis 3- Stationenaufbau versucht, fast immer mit Flugbällen aus dem defensiven Mittelfeldbereich Richtung offensive Außen, also wahlweise Kostic, Borré, Lindström oder Knauff. Ein sehr schönes Beispiel dafür findet sich in der 28. Minute mit dem Angriffsablauf Tuta-Sow-Knauff-Borré (eintracht.tv ab 31:46).
Auch der Ecke in der 47. Minute, aus der dann das 1:0 entstand, ging ein solches Aufbauspiel voraus:

Das gibt zwar zu Recht keinen Elfmeter, aber der Nachschuss von Jakic wird zur Ecke abgefälscht und diese abgewehrte Ecke schießt Knauff dann zum 1:0 für die SGE ins Tor.
Das Fazit
Wer die Entwicklung der SGE in dieser Saison aus der Nähe verfolgt hat, dürfte kaum überrascht gewesen sein davon, dass die Stärken der Eintracht perfekt auf die Schwächen von Barca passen, dass sie mit ihren extrem starken Schnellkombinationen auch ein Barca-Gegenpressing überwinden kann und dass die Eintracht mit Lindström, Knauff und Kostic drei Spieler mit Tempovorteilen hat, die von Barca in direkten Duellen kaum zu halten sind. Eine Szene, in der das sehr deutlich wird, ist die Riesenchance von Lindström in der 49. Minute (eintracht.tv ab 3:41), bei der Barca weder ein Gegenpressing gelingt, noch die Mannschaft von Xavi irgendeine Chance gegen das Tempospiel von Kostic, Borré und Lindström hat.
Auch das inzwischen perfekt automatisierte Pressing ist für jeden Gegner unangenehm und kann von der Mannschaft auch in verschiedene Spielfeldzonen verlagert werden.
Erstaunlich hingegen, dass die 3er-5er-Kette auch gegen Barca inzwischen fast fehlerfrei arbeiten kann und dass Spieler wie Borré, Kamada, Knauff, Lindström und Sow auch auf dem ganz hohen Niveau das hohe Tempo mitgehen können, ohne größere technische Probleme zu bekommen. Nur bei Tuta und Jakic war häufiger zu sehen, dass sie auf diesem Niveau noch an Grenzen kommen.
Insbesondere in der Situation, in der Tuta die Rote Karte erhält, wird das deutlich:

Erst mit der Einwechslung von Dembélé und de Jong änderte sich das Spiel und erst danach war Barcelona das bessere Team. Wie wichtig Dembélé für Barca ist, wurde beim 1:1-Ausgleich sichtbar, denn die Idee zu dem Spielzug und die Ermöglichung geht auf seine Kappe.

Im Grunde ist das ein Standardspielzug, in dieser Präzision, wie hier von Barcelona gespielt, aber nur sehr schwer zu verteidigen.
Insgesamt war die Eintracht sehr präzise auf den Gegner vorbereitet, besonders die größte Stärke der Spanier, das Spiel über ihre Außenstürmer, aber auch die Diagonalanspiele in die Spitze konnten gut verteidigt werden, wenn auch nur mit extremem körperlichen und Laufaufwand.
Selbst nach der roten Karte gegen Tuta blieb die Eintracht sehr mutig, offensiv und aufmerksam. Insgesamt war die Eintracht über die komplette Spielzeit die gefährlichere Mannschaft, 16:7 Torschüsse und 1,77 : 1,29 XGoals sprechen auch statistisch eine deutliche Sprache.
Xavi dürfte im Rückspiel von Anfang seine beste Elf aufstellen.
Das Erstellen der analytischen Beiträge ist ziemlich zeitaufwendig. Ich freue mich über jede Spende (PayPal), auch Kleinbeträge sind hilfreich. (Über den Link kann auch per Kreditkarte gespendet werden).
Vielen Dank allen Spenderinnen und Spendern.
In eigener Sache: Wer sgefussballanalyse folgen oder über neue Artikel informiert werden möchte, kann das bei Twitter, Facebook, Telegram oder einfach hier unten auf dieser Seite bei WordPress via Abonnieren-Button tun.