Mit dem Sieg gegen Sporting erreicht die SGE das Champions-League-Achtelfinale. Ein Blick auf die entscheidenden Szenen, das Glasner-Coaching und die Spieler, die entscheidende Beiträge zum Erfolg leisteten.
Die Aufstellung
SPO: Adan – Santos (32. Reis), Inacio, Coates, St. Juste (78. Cabral), Porro – Goncalves, Ugarte (63. Essugo) – Gomes, Paulinho, Edwards (63. Trincao) — Trainer: Amorim
SGE: Trapp – Pellegrini, Ndicka, Jakic (81. Smolcic), Tuta, Ebimbe (69. Knauff) – Sow, Kamada – Götze (90. Alidou), Kolo Muani (80. Borré), Lindström (46. Rode) — Trainer: Glasner
Die Statistik
Die Highlights
Die Spielanalyse
Die entscheidende Szene des Spiels war diesmal eine, die für die SGE überaus glücklich war, denn das Tor, das die Eintracht wieder ins Spiel brachte, war in gewisser Hinsicht ein ziemliches Geschenk.
Bis zu dem Elfmeter, der aus einer Situation in der 59. Minute entsprang, hatte Sporting die SGE-Offensive gut im Griff. Auch in der allgemein als stärker wahrgenommenen zweiten Halbzeit hatte die SGE bis zum Elfmeter keinen einzigen wirklich interessanten Abschluss, das Spiel hatte sich im Grunde so fortgesetzt wie es in der ersten Halbzeit war: Die SGE fand kaum ein Mittel gegen die extrem stark organisierte Defensive der Portugiesen, dazu später mehr.
Der Angriff, der zum Elfmeter führte, war auch eher ein Verzweiflungs-Chip-Pass von Götze Richtung Kolo Muani, leicht diagonal von der Halbposition. Kolo Muani kann mit dem Ball auch im Grunde nichts anfangen, köpft eine Kerze vage Richtung Kamada, doch der Ball ist für Kamada vollkommen unbrauchbar. Kamada springt ohne große Chance Richtung Ball und gegen Sebastian Coates, weshalb dieser aus dem Gleichgewicht gerät.

Die Situation hätte man genauso gut gegen die SGE bzw. Kamada pfeifen können, in jedem Fall war das absolut keine Torchance und sicher kein absichtliches Handspiel. Man kann den Elfmeter pfeifen, aber das war insbesondere anhand des Spielverlaufes bis dahin schon großes Spielglück, was ja auch Glasner nach dem Spiel andeutete.
Damit änderte sich natürlich die Situation in der Gruppe, für die SGE war nun der Achtelfinaleinzug nur noch ein Tor entfernt und Sporting wurde etwas unruhig, auch in der bis dahin starken Defensive.
Bis zum Ausgleich hatte Sporting die SGE in einem 5-2-3 gestellt und angepresst, bis zur Führung situativ mit Angriffspressing meist aber im Mittelfeldpressing (womit sie das Eintracht-Spiel etwas spiegelten) und auch sehr oft so tief, dass der Raum hinter der Kette kaum angepeilt werden konnte seitens der SGE.
Mit dem 1:1-Ausgleich wechselt Sporting-Trainer Amurim den 17jährigen Essugo auf die zweite Sechs für Ugarte und Trincao für Edwards, das änderte aber an der Statik des Sporting-Spiels zunächst wenig, es blieb beim 5-2-3-Kontersystem mit Schwerpunkt Mittelfeldpressing, aber der sehr junge Essugo spielte beim zweiten SGE-Treffer eine Rolle. Dazu später mehr.
Es gelang der SGE nun, druckvoller zu spielen und über die Außenpositionen auch gelegentlich zumindest freie Flankenbälle in die Zentrale zu spielen. Vor allem mit der Einwechslung des ballsicheren Rode gelang es auch häufiger, die vordere Pressinglinie der Gastgeber zu überspielen, eine längere Sequenz, in der wir das alles sehen können, bei eintracht.tv ab 24:35 bis 27:00 mit einem guten Aufbauspiel, einem Flachpassspielversuch über Pellegrini und zwei Flanken von links von Kolo Muani, der in der Szene auf die Außenbahn ausgewichen ist. Diese längere Sequenz zeigt, dass es die SGE schaffte, den Druck etwas zu erhöhen.
Was sich hier schon andeutet, nämlich dass die SGE es zunehmend mit breitem Angriffsaufbau und Flanken von vergleichsweise weit außen versuchte, wurde danach immer klarer zur (notwendigen) Marschroute und mit Knauff wechselte Glasner in der 69. Minute auch dementsprechend ein (zu den Einwechslungen von Knauff und Rode weiter unten mehr). Das führt dazu, dass Sporting immer mehr Szenen in der eigenen Innenverteidigung nur noch unsauber klären kann, was der SGE hingegen Zugriffsmöglichkeiten auf zweite Bälle ermöglichte. Das dürfte auch der Plan gewesen sein.
Das entscheidende Tor fällt auch in direktem Anschluss an so eine Szene.

St. Juste kann Kamada sofort attackieren, aber daraus entsteht eben eine solche Situation, aus der sich Sporting nicht durch einen kontrollierten Konter befreien kann.

Entscheidend sind diese beiden Duelle: Reis gg. Knauff und Inacio gegen Kolo Muani.

Kolo Muani ist dann zu stark für Inacio, der in dem Zweikampf aber auch sehr schlecht aussieht, zweimal zu früh auf Zugriff geht und so ziemlich leicht von Kolo Muani abgeschüttelt werden kann, aber das war auch von Kolo Muani überragend gemacht.
Aber dieser Spielverlauf ist überaus ärgerlich für die ansonsten sehr aufmerksamen Portugiesen: Einmal zu früh zu weit herausgerückt, eine übermotivierte Kontereinleitung des 17jährigen Essugo, ein Ndicka-Pass mit vollem Risiko in die Doppel- 1 gg. 1 Situation Knauf/Reis und Kolo Muani/Inacio, und diese eine Situation nutzt die SGE direkt zum Führungs- und später Siegtreffer.
Auch danach blieb das Spiel recht höhepunktarm, daher hier noch ein Blick auf das Gegentor, die Glasner-Maßnahmen und die besonderen Leistungen von Rode, Pellegrini und Ndicka.
Zunächst einmal zum Gegentor aus der 39. Minute.

Im weiteren Verlauf der Szene wechselt noch einmal der Ballbesitz, aber Tuta kommt nicht kontrolliert an den Ball. Letztlich kann Ugarte flanken, Sow verlängert die eigentlich schwache Flanke unglücklich Richtung langem Pfosten, wo Ebimbe Gomes allerdings auch komplett aus den Augen verloren hat.

Da ist die SGE nicht gut gestaffelt, aber die Situation ist auch eine Kontersituation aus dem Angriffspressing der Portugiesen und da ist die hintere Reihe oft unsortiert, das ist ja auch das Kalkül solcher Angriffspressing-Manöver. Also kein gravierender Kettenfehler hier.
Neben diesen spielentscheidenden Szenen gab es weitere analytisch relevante Punkte. Neben dem diesmal sehr gelungenen Coaching durch Glasner musste ein besonderer Fokus auf der linken Defensivseite der SGE liegen, dann das Offensivspiel der Portugiesen ist üblicherweise sehr rechtslastig. Die drei Spieler, die über rechts kommen, Porro (3 Vorlagen), Edwards (3 Tore, 3 Vorlagen) und Trincao (2 Tore, 1 Vorlage) waren in der Portugiesischen Liga bisher an 12 Toren beteiligt, bei Sofascore kann auch gut nachverfolgt werden, dass auch in der Champions League in allen Spielen das Spiel von Sporting rechtslastig war. Umso wichtiger war, dass die SGE mit Pellegrini und Ndicka die linke Defensivseite der SGE fast immer gut verteidigen konnte.
Noch ein Wort zum Coaching. Glasner ist dafür bekannt, gerade in engen Spielen lange mit Wechseln oder gar Umstellungen zu warten, nicht so diesmal. In der Halbzeit änderte er die Statik des Spiels mit der Hereinnahme von Rode und der Versetzung von Kamada auf die offensive Halbposition entscheidend. Besonders durch das tiefe Stehen der Sporting-Kette und dem sehr aufmerksamen schnellen zurückweichen der Innenverteidigung brachten die Portugiesen Lindström um seine Stärken. Außerdem wurde Lindström oft sehr früh und aggressiv angelaufen oder doppelt gedeckt.

Mit Rode gewann die SGE deutlich an Ballsicherheit und Spielkontrolle. Auch die Daten hier sind beeindruckend: Während Lindström in der ersten Hälfte gerade einmal auf 18 Ballkontakte kam, erreichte Rode in seiner Spielzeit 49 Ballaktionen. Dass mit Rode einer der wichtigsten defensiven Arbeiter und gleichzeitig offensiven Ideengeber eingewechselt wurde, war wenig überraschend, bereits im gesamten bisherigen Saisonverlauf wurde die überragende Form und die wichtige Rolle des SGE-Kapitäns im Mannschaftsgefüge hier regelmäßig dokumentiert.
Neben dem Halbzeitwechsel war auch die Hereinnahme von Knauff für Ebimbe sehr nachvollziehbar. Da es zunehmend über außen ging und dort häufig 1 gg. 1 – Situationen entstehen, überhaupt Sporting die SGE mit tiefer Kette und starker 1 gg. 1 – Orientierung im Mittelfeldpressing empfing, war abzusehen, dass solche offensiven Duelle der einzige Weg zu Torchancen war. Ebimbe ist im 1 gg. 1 aber deutlich limitierter als Knauff und auch dieser Wechsel war dann ja auch sehr wirksam und führte zum 1:2. Auch Smolcic kam rechtzeitig für den rotgefährdeten Jakic, dieser Wechsel wäre aufgrund Smolcics Defensivstärke auch schon früher sinnvoll gewesen.
Fazit
Entscheidend für den Erfolg waren in erster Linie ein großes Stück Spielglück („geschenkter“ Elfmeter), das starke Coaching von Glasner, die starke Leistung von Rode, der linken Abwehrseite und zwei gewonnene Duelle von Knauff und Kolo Muani, die zum Tor führten.
Trotz aller Freude über das Weiterkommen muss aus analytischer Sicht festgestellt werden, dass sich die SGE erneut in einem Spiel gegen einen Gegner, der versuchte, die Schwächen der Eintracht in den Mittelpunkt der Spielführung zu stellen, sehr schwer tat. Mit dem tiefen Stehen, dem gut organisierten situativen Angriffspressing (bis zur Führung), dem danach ebenfalls gut organisierten, mannorientierten Mittelfeldpressing und sehr aggressivem Zweikampfverhalten (relevante 58 % Zweikampfquote pro Sporting über das gesamte Spiel) stellten die Portugiesen die SGE vor kaum lösbare Probleme. Besonders die Zentrale, aus der üblicherweise viele SGE-Angriffe eingeleitet werden, wurde mit dem 2-3er-Pressingblock sehr konsequent zugestellt und attackiert.
Glasner coachte das dann gut aus, stellte mit Sow, Rode, Götze und Kamada seine vier spiel- und passstärksten Spieler in die Zentrale, womit er zunächst einmal den Spieldruck insgesamt deutlich erhöhen konnte. Das führte zwar kaum zu zwingenden Abschlüssen, aber allein das nun häufigere Anspielen der Spitze erhöhte die Wahrscheinlichkeit, interessante Torsituationen zu erhalten. Und genau so kam es. Ein vage in die Spitze gechippter Ball von Götze führte zum Elfmeter.
Auch die zweite notwendige Entscheidung, nämlich die Außenbahnen mit 1 gg. 1 – stärkeren Spielern zu besetzen, zumindest rechts mit Knauff, führte schnell zum Erfolg.
Insgesamt war der Erfolg der SGE etwas glücklich, aber letztlich nicht unverdient, da sie mindestens bis zur Führung das etwas aktivere Team war und Sporting so viel aufwenden musste, um die SGE-Offensive in Schach zu halten, dass sie selbst kaum mehr als einige Konter zustande brachten. Das legen auch die Daten nahe: Sowohl hinsichtlich Ballbesitz (54%), als auch bei den xGoals (1,2 : 0,5 pro SGE), als auch bei den zurückgelegten Kilometern (117:112 pro SGE) lagen die Frankfurter vorne.
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