Überall war von einer Gala-Vorstellung der SGE die Rede, hier wieder der etwas genauere Blick aufs Spiel.
Die Aufstellung
SGE: Trapp – Ebimbe (90. Touré), Tuta, Jakic (64. Smolcic), Ndicka, Knauff (81. Pellegrini) – Sow, Kamada – Lindström (81. Borré), Kolo Muani (90. Alario), Götze — Trainer: Glasner
TSG: Baumann – Kaderabek (46. Skov), Quaresma (46. Akpoguma), Vogt, Kabak, Angelino – Damar (46. Stiller), Geiger, Kramaric – Baumgartner, Rutter (77. Asllani) — Trainer: Breitenreiter
Die Statistik
Die Highlights
Die Spielanalyse
Das Spiel lebte sehr stark von der offensiven Ausrichtung beider Teams, den Großchancen und Toren, diesmal daher hier vor allem ein Schwerpunkt auf diesen Highlights.
Nach dem Spiel beschwerten sich mehrere Hoffenheimer über den extrem rutschigen Rasen im Waldstadion, Baumgartner meinte gar, das seien Bedingungen, die einem Bundesligaspiel nicht würdig seien und man muss beim Betrachten des Re-Live zumindest dahingehend zustimmen, dass tatsächlich (wieder einmal) sehr viel gerutscht wurde und das auch tatsächlich nicht ganz unerheblich das Spiel beeinflusste.
So auch vor dem ersten Tor, als Quaresma zum Pressing-Opfer der SGE wird, auch, weil er überhaupt keinen Stand hat.

Hier also Angriffspressing der SGE, Lindström attackiert Quaresma dann sofort aggressiv, also auf Ballgewinn und im Bewegtbild sieht man, dass der Hoffenheimer dabei auch entscheidend ausrutscht (eintracht.tv ab 9:50). Auch Kamada, bei dem der Ball dann landet, rutscht aus und kann den Angriff nicht kontrolliert fortsetzen. Dadurch landet der Ball zwischen Vogt und Sow:

Den ersten Ball auf Quaresma darf Baumann natürlich nie spielen, direkt in die SGE-Pressingfalle. Danach macht Vogt einen zu frühen Schritt Richtung Ball und Sow nutzt die Chance. Gut gemacht hier von der Pressingabteilung der Eintracht, aber das Tor ist auch etwas begünstigt durch das Ausrutschen von Quaresma, denn Harakiri-Aufbaupass von Baumann und den Fehler von Vogt.
Das zweite Tor, direkt mit der nächsten Angriffsaktion der SGE, fällt nach einem Einwurf, den die Hoffenheimer ziemlich verschlafen, einem extrem starken zweite Reihe-Abschluss von Lindström und dem Nachsetzen von Kolo Muani, der den Ball dann einnetzt. Interessant ist aber, wie es zu dem Einwurf kam, der Angriff entsprang nämlich einem Aufbau-Angriff aus der letzten Reihe und wir haben hier schon gelegentlich gezeigt, dass der breite Dreieraufbau der Eintracht den Vorteil bringt, dass durch das breite Stehen der Aufbauspieler die inneren Passwege aufgehen, was starke Flachpassspieler wie Tuta und Ndicka dann nutzen können, um mit einem gezielten Flachpass die komplette Pressingabteilung des Gegners auszuspielen. Genau so hier:

Solche Innenbahn-Flachpässe können nur verteidigt werden, wenn die Pressingabteilung darauf achtet und diese Bälle antizipiert, damit waren die Hoffenheimer überfordert. Sie pressten hier mit 4 Spielern mit Geiger als Absicherung und obwohl weder Angelino, noch Kramaric, noch Geiger hier direkte Gegner zustellen müssen, sichert keiner den Innenbahn-Passweg. So etwas lässt sich Tuta natürlich nicht entgehen. Der Angriff kann dann von Quaresma gerade so vor Kolo Muani zum Einwurf geklärt werden, woraus dann das 2:0 fällt. Die ganze Aktion inklusive dem großartigen Tuta-Pass bei eintracht.tv ab 11:40.
Bei der Kombination Kolo Muani-Lindström nach dem Einwurf schläft die Hoffenheimer Defensive dann komplett, das ist aber hier weniger unser Problem. Die Kombination der SGE sah ziemlich einstudiert aus und war von den beiden Eintracht-Stürmern perfekt ausgeführt. Solche Einwurf-Kombinationen können als Standardsituationen ohnehin gut trainiert werden.
Auch beim dritten Tor wird das Angriffspressing der Hoffenheimer von der SGE ziemlich einfach überspielt. Auch hier kommt der erste Pass von Tuta:

Das ist natürlich extrem stark gespielt, vor allem von Lindström aber ganz besonders von Götze, der hier gegen den jungen Damar, der zuvor viel zu spät den Zugriff auf Götze gesucht hat, den unangenehm springenden Ball wirklich perfekt Kamada in den Lauf spielt, womit die SGE voll im Tempo ist und den Angriff dann ausspielen kann. Bei den Entstehungen beider Treffer übrigens gut ersichtlich das Hauptproblem der Hoffenheimer: Sie gingen mit ihrem viel zu oft sehr luftigen Angriffspressing gegen one-touch-starke Spieler wie Lindström und Götze und einen starken Passgeber wie Tuta ein enormes Risiko ein. Wenn man gegen die SGE ins Angriffspressing gehen will, dann muss man hinter der ersten Linie sehr engen Körperzugriff haben und die innere Passbahn sichern, denn das sind die von der SGE immer anvisierten Ausgänge aus solchen Pressingversuchen der Gegner. Das Angriffspressing der Hoffenheimer ließ in vielen Situationen zu viele Ausgänge offen und das nutzen Spieler wie Götze und Lindström dann eben aus.
Der Angriff wurde dann von Kamada, Kolo Muani und Ebimbe auch sehr stark zuende gespielt. Auch dabei gab es erstaunlich wenig Gegenwehr der Hoffenheimer, beim letzten Pass von Muani haben sie überhaupt keine Breite mehr in der letzten Reihe, sodass Ebimbe völlig frei einschießen kann. Wie gesagt sind die TSG-Probleme hier nicht relevant, aber so kann man gegen die SGE derzeit natürlich nicht antreten. Und dass die SGE mit beiden Außenverteidigern sehr stark auf solche Einschaltmomente lauert und mit Ebimbe und Knauff wo immer möglich Angriffsbreite aus der tiefen Position herzustellen versucht, dürfte nun wirklich kein Geheimnis mehr sein. (Der ganze Angriffsvortrag bei eintracht.tv ab 32:58).
Das Gegentor zum 3:1 dürfte Glasner ärgern, denn es war leicht zu vermeiden. Das Tor entspringt einer abgewehrten Ecke, bei der die SGE viel zu lange braucht, um wieder in die Ordnung zu kommen:

Hätte Ebimbe schnell genug den Weg auf seine Kettenposition gemacht, wäre das Tor nie gefallen. Kabak wäre vermutlich im Abseits gewesen und außerdem von Ebimbe oder Kamada gedeckt. Im Bewegtbild ab eintracht.tv 41:13 mal darauf achten: Tuta riecht den Braten früh, sieht die drohende Unterzahl auf der RV-Position und schickt Ebimbe auf die Seite (das kann man gut beobachten). Doch der bewegt sich viel zu langsam und ist immer noch auf dem Weg, als der lange Ball von Angelino schon unterwegs ist.
Kurz nach der Halbzeit wird es dann tatsächlich nochmal eng, denn Hoffenheim verkürzt auf 3:2. Wie kam es dazu?
Das Tor fällt nach einer etwas längeren Ballphase der Hoffenheimer. Die SGE hatte zwar zwischenzeitlich zweimal Ballkontakt, konnte den Ballbesitz aber jeweils nicht sichern. Die Bälle sprangen jeweils wieder zum Gegner. Die Situation zum Tor selbst war aber kein krasser Kettenfehler, auch wenn die Kette nicht ganz richtig arbeitet. Stattdessen macht hier Sow den entscheidenden Fehler, der zu schnell in den Zweikampf mit Kabak rennt und sich dann leicht verladen lässt:

Kabak schießt dann aus der Distanz unhaltbar für Trapp den Ball ins Tor. Ndicka, der (man sieht es auf dem Standbild), keinen Gegenspieler zum Sichern hat, hätte hier einige Meter aus der Kette rücken können, wohl eher müssen, um Sow in dem Zweikampf zu sichern, dann hätte Kaderabek keinen so großen Freiraum vorgefunden. Fehler von Sow und Ndicka hier, aber auch stark und mit etwas Glück gemacht von Kabak. (eintracht.tv ab 52:15).
Beim vierten und entscheidenden Tor ist der Analyst froh, dass er nicht die Hoffenheimer Zweikampfkünste gegen Kolo Muani analysieren muss. Stattdessen ein kurzer Blick auf die Angriffseinleitung. Dieser Treffer war ein klassischer Konter. Ndicka gewinnt hinten recht leicht den Ball gegen Rutter, spielt zu Sow, der dann über Götze den Ball in die vordere Reihe auf Kolo Muani spielt.

Genau das gelingt ihm auch, genau genommen spaziert er dann in die TSG-Box ohne frühzeitig ernsthaft attackiert zu werden, zieht so gleich drei Hoffenheimer auf sich und kann dann quer legen auf Lindström. Auch in dieser Szene profitiert Lindström davon, dass Akpoguma im entscheidenden Moment ausrutscht und kann völlig frei einschießen.
Hier zeigt sich erneut das neue Element, das Kolo Muani ins Eintracht-Spiel einbringt: Seine extreme 1 gg. 1 – Stärke, die es ermöglicht, dass die SGE auch Unterzahlsituationen auflösen kann.
Fazit
Die SGE gewinnt das Spiel hochverdient. Nach dem 4:2 haben Kamada und Ebimbe weitere Großchancen (letztere siehe unten), Hoffenheim durfte letztlich froh sein, dass das Spiel in der zweiten Halbzeit nicht noch höher ausgegangen ist.
Erneut zeigte sich, dass ein aggressives Angriffspressing und Nachschieben der letzten Reihe des Gegners der SGE inzwischen eher liegt, und dass sie über sehr gute spielerische und auch individuelle Skills verfügt, um solche Pressingzonen, die nicht optimal gestellt sind, überspielen zu können.
Die zu beobachtenden Elemente sind nicht neu: Innenbahnpässe, Schnellkombinationen, oft vorbereitet über die Zentralen Götze, Sow und Kamada, ständiges Nachrücken auf beiden Außen und Spiel in die Spitze über Antritte und Tiefenpässe, sowie die inzwischen gut eingespielten Kolo Muani und Lindström.
Die Gegner sind in den letzten Spielen und auch diesmal mit der Defensivarbeit derart gefordert, dass sie selbst kaum eigene Druckphasen entwickeln können. Insgesamt waren die Gäste defensiv, in der Pressingorganisation und auch im gruppentaktischen Verhalten in der letzten Reihe nicht stark genug, um die SGE-Offensive wirksam zu verteidigen, insbesondere eine Zweikampfquote von 46 Prozent ist zu schwach, um die SGE vom Kombinieren irgendwie abhalten zu können.
Auch die drei Wechsel in der Halbzeit, bei denen Breitenreiter seine rechte Seite neu besetzt, bringen wenig.
Der beste Angriff der SGE wurde in der 67. Minute allerdings nicht mit einerm Tor belohnt, weil Ebimbe aus sieben Metern völlig frei neben das Tor schoss. Die Situation zeigte aber einen großen Teil der Offensivstärke der Eintracht. Mit mehreren Spitzen-Anspielen, und einem Seitenwechsel sucht die Mannschaft in sehr hohem Tempo zuvor immer wieder den Tiefenpass (die ganze Sequenz ab eintracht.tv 21:55), letztlich funktioniert es so:

Ebimbe muss nur noch einschieben, schießt aber daneben.
Solche Moves sind kaum noch zu verteidigen. Klar ist der Kettenabstand Vogt-Kabak einen Meter zu groß, aber so etwas kann immer passieren. Dass die SGE solche kleineren Fehler aber derart konsequent und technisch sauber ausnutzen kann, dürfte sie auch weiterhin zu einer Spitzenmannschaft in der Bundesliga machen.
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Hallo , immer sehr interessante Analysen!
Beim 3:1 für Hoffenheim sieht man im Standbild den Spieler Baumgartlinger Meilenweit im Abseits. Da er später diesen Vorteil nutzt und das Tor macht, denke ich Abseits, oder ?
Gruß
Jörg
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