SGE – Werder Bremen 2:0 (1:0)

Bremen machte über 90 Minuten den Eindruck außer schnell wieder nach Hause nichts in Frankfurt zu wollen. Entsprechend wenig aufregend war das Spiel. Trotzdem hier ein Blick auf einige interessante Situationen und auf die Tore.

Die Aufstellung

SGE: Trapp (3) – Tuta (3), Jakic (2-), Ndicka (3) – Knauff (3), Kamada (3-), Sow (2-), Max (2) – Lindström (3), Kolo Muani (3+), Götze (3)

68. Borré (3) für Kolo Muani, 73. Lenz (3) für Max, 87. Alidou für Lindström u Alario für Götze

(die Noten in Klammern beruhen weitgehend auf den von sofascore.com berechneten Daten)

SVW: Pavlenka – Veljikovic, Stark (73. Pieper), Friedl – Gruev – Schmid (85. Dinkci), Schmidt, Stage (67. Philipp), Jung (68. Buchanan) – Füllkrug, Ducksch

Die Statistik

gibt es hier, hier und hier

Die Highlights

Die Spielanalyse

Um die Abläufe des Spiels und auch den Matchplan der SGE darzustellen, ist die Entstehung des 1:0 charakteristisch und enthält bereits die wichtigsten Elemente:

  • das eher auf Konter angelegte SGE-Spiel (Pressing-Zugriffe erfolgten meist vergleichsweise tief, die letzte Reihe der Bremer wurde erst in der Mittelzone attackiert)
  • die Bereitwilligkeit der Bremer, dieses Spielchen mitzuspielen, ihr breiter, vergleichsweise langsamer Aufbau mit relativ vielen (teils anspruchsvollen) Pässen und Passstafetten und
  • die individuelle (Tempo-) Überlegenheit der SGE-Offensiven gegen ihre Gegenspieler. Darüberhinaus der Tempounterschied der beiden Teams insgesamt.

Denn zunächst geht dem Freistoß, der dann zum Tor führt, eine lange Bremer Ballstafette voraus: 12 Pässe in den eigenen Reihen, 48 Sekunden lang Ballbesitz für Bremen und ein recht anspruchsvolles doppeltes Diagonal-Manöver mit zwei Seitenwechseln über Veljkovic-Jung und dann Richtung den rechten Schienenspieler Schmid, der bis in den SGE-16er aufgerückt ist. Das Kopfballduell gegen Schmid gewinnt Max und den daraus resultierenden Ball gewinnt Götze gegen den ebenfalls sehr weit aufgerückten Bremer Verteidiger Veljkovic am eigenen Sechzehner. Über Sow landet der Ball dann bei Max, der mit Ballannahme ins Tempo gehen kann (eintracht.tv ab 11:26):

Das ist der Moment, in dem die SGE mit Max den Konter startet. Mit dem Tempodribbling von Max ist das Gegenpressing der Bremer weitgehend überwunden, hier sind Schmid, Gruev und Vejkovic bereits überspielt, Max und Kolo Muani (ganz links am Bildrand) stehen schon 2 gg. 1 gegen Schmidt.

Den entscheidenden Fehler macht zuvor Gruev, der zu spät und mit zu viel Tempo in den Zweikampf (chancenlos, einen kontrollierten Zweikampf zu führen) mit Sow rennt und dann, wie auf dem Standbild zu sehen, auf der Außenbahn landet, womit das Zentrum der Bremer nicht mehr besetzt ist.

Dass man der SGE, man kann sich da nur wiederholen, niemals solche Kontermöglichkeiten geben darf, weil das Ausspielen dieser Situationen die Stärke der Mannschaft schlechthin ist, dürfte inzwischen allseits bekannt sein und während die Kölner letzte Woche noch vormachten, wie man die Eintracht gut verteidigt (nämlich mit relativ wenig Risiko im vorderen Pressing und mit dauerhafter Absicherung in der letzten Reihe), rennen die Bremer hier schlicht sehenden Auges ins Verderben: Die komplette rechte Seite der Bremer ist hier sehr weit aufgerückt im Gegenpressing inklusive des zentralen MF:

Das ist die grobe Aufstellung der Bremer. Wie man im obigen Standbild gesehen hat, sind an diesem Gegenpressing die gesamte rechte Defensivseite der Bremer beteiligt und weil Gruev hier die Bremer Pressingabteilung mit Druck auf den Ball unterstützen will, aber zu spät kommt, sind sie nun alle komplett überspielt. Stark muss dann als letzte Instanz raus und gegen Kolo Muani den Zweikampf führen, kann sich nur mit Foul helfen und daraus entsteht der Freistoß für die SGE, der dann zum 1:0-Eigentor führt.

Die frühe Führung spielte dem Matchplan der SGE durchaus in die Karten, denn die Mannschaft überließ nun den Bremern noch mehr den Ballbesitz (insgesamt hatte Bremen 55% Ballbesitz), räumte meist das komplette Angriffsdrittel und presste erst im Mittelfeld. Damit zwang die SGE den Gegner entweder zu langen Bällen oder zu gewagten Passmanövern, die aber fast immer an technischen Unzulänglichkeiten der Gäste scheiterten.

Die Bremer hatten zwar offenbar sehr klar die letzte Reihe der SGE samt Kopfballschwäche als Einfallstor ausgemacht und versuchten diese immer wieder zu bespielen, aber da sie meist aus dem eigenen Aufbau kommen mussten und praktisch keinen einzigen überragenden Offensiv-1 gg. 1 – Spieler in ihren Reihen haben, gelang es ihnen so gut wie nie, die SGE-Kette zu isolieren, sie also zum „alleine arbeiten“ zu zwingen. Außerdem war aufseiten der SGE in der IV-Zentrale diesmal ein Spieler mit starker Antizipation und recht sicherem Kopfballspiel aufgeboten, bei dem mehrere der langen Bälle landeten und der diese sichern oder klären konnte.

Da uns hier weniger die Probleme der Bremer interessieren und das Spiel vollkommen einseitig war, kann man nach Betrachten des Re-Live feststellen, dass die Gäste in keiner einzigen Disziplin der SGE voraus waren und in den meisten heillos unterlegen. Wir könnten eine Unmenge an technischen Fehlern präsentieren, zu langsames Umschaltverhalten, hektisches Pressing und immer und immer wieder technische Schwächen und eine SGE, die dem Gegner in allen Belangen überlegen war und spätestens nach dem 2:0 das Spiel im zweiten Gang über die Zeit schaukelte.

Das dürfte aber jeder im Live-Spiel selbst gesehen haben und ab einem bestimmten technisch-individuellen Unterlegenheitsfaktor werden taktische Fragen weniger relevant, aber genau darum geht es ja hier.

Der einfache „Trick“ der SGE, ihnen den Ball zu überlassen, die eigenen Reihen zu schließen und vor allem die Abstände zwischen den Reihen eng zu halten, genügte, um die Bremer vor unlösbare Probleme zu stellen. So ergab sich im Spiel immer und immer wieder dieses Bild:

Die SGE im echten, klassischen Mittelfeldpressing, enge Reihen, 5er-Kette. Bremen stellt das im Aufbau eigentlich ganz gut, ist diagonal außen doppelt und ballnah auch mit 3 Spielern besetzt, spielt dann auch den Diagonalball, aber die technische Umsetzung (eintracht.tv ab 36:50) ist zu schwach, um schnell genug, also ohne von der SGE in Zweikämpfe verwickelt zu werden, in ein Kombinationsspiel zu kommen. So auch in dieser Situation aus der 31. Minute, in der dann zwar der Diagonalball gespielt wird und auch beim Mitspieler landet, dieser dann aber direkt von der SGE angeschoben und verteidigt werden kann. Der Diagonalpass ist ebenso wie die Ballverarbeitung nicht optimal.

Da das wie gesagt aber eher Probleme des Gegners sind und die SGE weitgehend kaum mehr machen musste, als auf deren Fehler zu warten (besonders geduldig mussten sie aber meist gar nicht sein), hier noch ein Blick auf das spielentscheidende 2:0.

Zunächst sieht man, dass die Bremer weit in der SGE-Hälfte ein Pressing in der Seitenzone bei einem SGE-Einwurf aufbauen, der zentrale IV Stark bis weit in die SGE-Hälfte nachrückt. Hier im Clip:

Damit ist das Spiel geöffnet, Kamada setzt es dann auf Max fort, der aber keine Unterstützung mehr hat und 1 gg. 1 gegen Gruev gehen muss. Dessen Zweikampfverhalten ist so indiskutabel wie nicht unser Thema, Max macht es zwar auch stark, ein Antritt genügt aber im Grunde, um Gruev abzuschütteln. Max´ kann frei flanken, Kolo Muani gewinnt das Kopfballduell, seinen Abschluss kann Pavlenka noch halten, aber dann machen Knauff und Kolo Muani das Tor ohne weitere Gegenwehr (da ist es aber auch wirklich schwierig zu verteidigen – ganzer Ablauf siehe oben in den Highlights).

Das Fazit

Die SGE war den Bremern heillos überlegen, hätte das Spiel auch höher gewinnen können.

Analytisch war das Spiel nicht sonderlich interessant, auf Seiten der SGE gab es wenig Neues zu beobachten, der Matchplan war klar ersichtlich und ging vollkommen auf, die Bremer waren chancenlos und spielten exakt die Rolle, die der SGE-Plan für sie vorsah. Sie spielten breit, mit viel Aufbau, aber vielen technischen bzw. spielerischen Ungenauigkeiten und waren so immer wieder gut zu attackieren und auszukontern. Besonders erfreulich zu sehen war, dass Glasner diesmal mit seinem Matchplan stark gecoacht und so das Spiel mitbestimmt hat. Dass derartiges Eingehen auf Stärken/Schwächen des Gegners ein Erfolgsfaktor sein kann, war diesmal deutlich zu sehen.

Auffällig war, dass die Bremer, ähnlich wie die SGE in vielen Spielen, sehr früh attackierten und die defensiven MF bzw. die Verteidiger der letzten Reihe teils bis tief in die Gegnerhälfte nachrückten/durchsicherten. Das ging mehrmals schief, unter anderem vor den beiden Toren und man sah in beiden Situationen, dass es nicht reicht, Überzahl/ Gleichzahl – Situationen in engen Spielräumen herzustellen. Insbesondere passtechnisch sehr starke Spieler wie Götze, Kolo Muani, Lindström, Kamada, Sow können sich, sofern Gegenspieler etwas zu spät kommen, sich zwei Spieler in die gleiche Richtung orientieren und damit Passwege öffnen oder Gegenspieler nicht press im Zweikampf sind, aus den engen Räumen lösen und über Ausgänge das Spiel verlagern/ Konter bzw. Angriffe einleiten. Entscheidend dafür ist die technische Möglichkeit, also die Pass- und Timinggenauigkeit. Was so ein mannschaftlicher technischer Unterschied ausmacht, war in diesem Spiel gut zu sehen.

Die Entwicklung des Teams schreitet sichtbar voran, es wird sicherer in allen Aktionen, gerade bezüglich gruppentaktischer Abstimmungen und Automatismen.

Auch wenn Jakic als IV besonders in der Antizipation langer Bälle / Kopfballspiel insgesamt etwas sicherer war als sein Vorgänger auf der Position (man könnte einige Kopfballsituationen von Jakic zeigen, die er weitgehend gut und aktiv löst) und er auch insgesamt der dynamischere Zweikämpfer ist, dürfte diese letzte Reihe weiter Thema bleiben. Die Schwäche bei Standards spielte diesmal keine Rolle, aber auch hier dürfte auch zukünftig manches von der Besetzung in der letzten Reihe abhängen.

Schon im anstehenden Spiel gegen Neapel dürfte die letzte Reihe wieder stärker gefordert sein und inwiefern auch dort Fortschritte stattgefunden haben, ist sicher interessant zu beobachten.

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1 Kommentar

  1. rocketrocker sagt:

    Vielen Dank! Dragoslav Stepanovic vermutet in einem Facebookpost, dass Glasner dieses Spiel bewusst als Vorbereitung genutzt hat, für Neapel am Dienstag. Stepi:
    „Die Eintracht hat gezeigt, dass sie auch anders spielen kann, verantwortungs bewusst und diszipliniert, die ganze Mannschaft ist defensiv organisiert, macht ein Spiel und zeigt Geduld im Spiel, sie hatte nicht viele Chancen, aber der Trainer hat ein Spiel vorbereitet, das am Dienstag gespielt wird gegen Nspoli.“

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