Auch wenn die SGE chancenlos war, zeigte das Spiel einige interessante Eigenheiten. Ein Blick auf die Tore, das Spiel der SGE, die Kräfteverhältnisse in beiden Spielen, aber auch eine tolle Defensivaktion der SGE im Rückspiel in der Analyse.
Die Aufstellung
SGE: Trapp (2) – Buta (4), Tuta (4), Ndicka (5), Lenz (4) – Rode (3-), Sow (3) – Knauff (4-), Götze (3), Kamada (4) – Borré (3)
eingew. 62. Alidou (3), 67. Max (4+), 74. Jakic
SSC: Meret – Di Lorenzo, Rrahmani, Kim (66. Jesus), Rui – Anguissa, Lobotka, Zielinski (74. Ndombélé) – Politano (67. Lozano), Osimhen (81. Simeone), Kvaratskhelia (74. Elmas)
Die Statistik
Die Highlights
Die Spielanalyse
Nach dem Neapel-Spiel herrschte auf Seiten der SGE ziemliche Ernüchterung. Analytisch kann man zunächst feststellen, dass bei dem für dieses Duell endgültig entscheidende Gegentor ein Einwurf der SGE vorausging, wonach Politano gegen Kamada den entscheidenden Zweikampf gewinnt, es danach zu einem Abstimmungsproblem auf der Linksverteidigerposition kommt:

Das ist ein reines Abstimmungsproblem, kein Kettenfehler oder Ähnliches. Macht Kamada hier einen Schritt nach hinten, ist Politano gesichert. Das macht er aber nicht und bekommt von Sow offenbar auch kein dahingehendes Kommando. Noch ein Wort zu der Boxorganisation bei der Flanke.

Das ist natürlich ein sehr ärgerliches Gegentor, denn aufgrund des Einwurfes links war die SGE weit eingerückt, sodass hier eine gute Boxbesetzung nicht ganz einfach herzustellen war, dafür müsste man grundsätzlich defensiv breiter stehen und im Umschaltverhalten viel schneller auf Boxbesetzung umschalten. Problematisch ist, dass Tuta nicht sofort Kontakt zu Osimhen sucht, anders ist dieser extrem starke Kopfballspieler nicht zu verteidigen.
Das Gegentor direkt vor der Halbzeitpause war natürlich extrem bitter und spielentscheidend. Dass die SGE gegen diesen starken Gegner keine drei Tore erzielen würde, war absehbar, da hätte es mehr als ein Fußball-Wunder gebraucht.
Dabei hatte die Eintracht es in der ersten Halbzeit ganz gut geschafft, Neapel zumindest nicht allzu oft gefährlich werden zu lassen, hatte diesmal viel bessere Abstände zwischen den Ketten (vor allem die 4er-Kette war beim Nachrücken aufmerksam), zwang Neapel-Torwart Meret im Gesamtspiel zu 15 langen Pässen und in der 19. Minute zeigten Tuta und Ndicka einmal, wie zwei echte gelernte Innenverteidiger auch gegen Weltklasse-Stürmer gemeinsam ein 2 gg. 2 verteidigen können. Der Clip unten dauert 50 Sekunden und man sieht darin die vielleicht stärkste Szene der SGE-Innenverteidiger im bisherigen Saisonverlauf und wenn man hier Ndicka und Tuta bei der Arbeit zusieht, muss wirklich einmal die Frage erlaubt, sein, was das eigentlich bringen soll, ihnen praktisch die ganze Saison über einen Mittelfeldspieler (Jakic/Hasebe) dazwischenzustellen, der diese Manöver nicht richtig beherrscht und eher für Konfusion sorgt als für sichere Abläufe:
Noch zu den beiden weiteren Gegentoren.
Dem zweiten Gegentor geht ein zu kurzer Befreiungsschlag von Kamada voraus und dann ein Stellungsfehler von Kamada:

Danach spielen die Neapolitaner das sehr schnell und gut aus. Es gibt in der SGE-Kette dann zwar noch einen Abstimmungsfehler, die Kette versucht insgesamt zu sehr im Raum zu verteidigen, hat keine Notverteidigung/ Mann gg. Mann- Schnellzuordnung nach dem Steilpass Politano- Di Lorenzo und Tuta verliert auch Osimhen am langen Pfosten aus den Augen, aber das sind Fehlverhalten, die wir hier schon häufig gezeigt haben und ehrlich gesagt ist das dann von Neapel auch so präzise und schnell gespielt, dass es auch für eine fehlerärmere Kette nur schwer zu verteidigen gewesen wäre.
Vor dem Elfmeter verliert Ndicka die Orientierung und ermöglicht, indem er zu tief steht und damit das Abseits aufhebt, den entscheidenden Steilpass von Kvaretskhelia auf Di Lorenzo und wir haben inzwischen aufgehört, diese Gegentor provozierenden Abseitsaufhebungen von Ndicka zu zählen.
Das Fazit
Die Überlegenheit der Italiener war zu groß und spiegelt sich in dem Ergebnis auch korrekt wieder. Dafür, dass die SGE mit einem 0:2 – Rückstand ins Spiel gegangen ist, also den Anspruch haben musste und diesen ja auch formuliert hat, das Spiel mit 2 Toren Unterschied zu gewinnen, war das Spiel ein Desaster. In praktisch keinem relevanten Bereich war die SGE besser als der Gegner:
- XGoals: 2,8 : 1,2
- Torschüsse: 12 : 8
- Ballbesitz: 60 : 40 %
- Zweikämpfe: 55 : 45 %
Das sind natürlich Werte und Zahlen, mit denen man kein Spiel gegen einen Gegner dieser Kategorie mit 2:0 gewinnen kann.
Daher in aller Kürze: Die SGE hatte in den beiden Spielen gegen Neapel nicht den Hauch einer Chance, der Gegner war in allen Belangen besser als die Eintracht. Entscheidend war aber letztlich die enorme Defensivstärke der Italiener. In 180 Minuten flogen genau 2 Bälle auf das Tor der Italiener – das ist gegen die viertstärkste Offensive der Bundesliga einfach krass und wir könnten hier noch einige Szenen zeigen, in denen zu sehen ist, wie sie das machen, wie sie Räume auf dem ganzen Platz eng halten ohne zu große Räume in der Tiefe zu eröffnen, welch entscheidende Rolle bei alldem die Dreierbesetzung im Neapel-Mittelfeld spielt, die auch für die Offensive der Italiener eine zentrale Rolle spielt, allerdings müssten wir den Blog dann in sscfussballanalyse umbenennen und außerdem haben wir in einem Defensiv-Special im vergangenen Jahr hier die wichtigsten defensiven Bewegungen gezeigt. Allein ein Blick auf die Pass-Quoten der drei SSC-Mittelfeldspieler ist beeindruckend: Zielinski 86%, Lobotka 94%, Anguissa 93%. Auch hinsichtlich des Spielaufbaus war die SSC der Eintracht heillos überlegen, schaltete variabel von asymmetrischem Zweieraufbau um auf 3-3-4-Aufbau oder symmetrischen 4-3-Aufbau mit wechselnd hohen Außenverteidigern, und selbst das Pressing der Neapolitaner war etwas dynamischer, aggressiver und besser koordiniert als das der SGE.
Auf Augenhöhe war die SGE im Grunde nur in der ersten halben Stunde im Hinspiel, hier konnte sie mit enormem Laufaufwand und Aggressivität die Defizite ausgleichen und wenn man gegen einen derart überlegenen Gegner in zwei Spielen weiterkommen will, muss wirklich alles perfekt laufen. Das Gegenteil war bereits im Hinspiel der Fall, die Fehlentscheidung der Roten Karte gegen den Schlüsselspieler der SGE in der Offensive Kolo Muani war im Grunde bereits so etwas wie die entscheidende Schwächung eines ohnehin unterlegenen Teams.
Dafür, dass die Eintracht in praktisch allen taktischen und individuellen Belangen unterlegen war und zusätzlich durch eine harte Fehlentscheidung gegen ihren wichtigsten Offensivspieler geschwächt worden war und im Hinspiel über 30 Minuten in Unterzahl spielen musste, hat sie sich letztlich sogar mehr als beachtlich aus der Affäre gezogen: In der CL-Vorrunde kassierte Ajax Amsterdam gegen die SSC in 180 Minuten ein 3:10, die Glasgow Rangers, immerhin der Europa League-Endspielgegner der SGE im Sommer, ein 0:6, und sogar der FC Liverpool verlor in Neapel 1:4, konnte das Heimspiel dann aber immerhin mit 2:0 gewinnen, gegen Juventus Turin gewann die SSV vor vier Wochen ihr Heimspiel mit 5:1.
Die beiden Duelle gegen eines der derzeit besten Teams Europas haben aber auch deutlich gezeigt, in welchen Bereichen die Eintracht sich noch weiterentwickeln muss, um auch gegen Gegner dieser Qualität mithalten zu können, um, wer weiß? – irgendwann auch den Schritt auf dieses Niveau zu schaffen.
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