SGE – Olympiakos Piräus

Seit dem Hertha-Spiel wurden wildeste Befürchtungen über die Aussichten der SGE geäußert, selbst Coach Glasner wirkte ratlos und angeschlagen. Wie ist nun das starke Spiel gegen Piräus zustande gekommen und wie ist es einzuschätzen?

Vor dem Spiel

Glasner wechselt zum Hertha-Spiel fünf Mal. Für N´Dicka, Hauge, Lindström, Lammers und Chandler spielen Tuta, Kamada, Borré, Paciencia und Touré.

Die erste Halbzeit (Re-Live)

Zunächst von besonderem Interesse ist die auf dem Platz tatsächlich praktizierte Formation. Es zeigt sich, dass der Einbau von Hasebe ins Spiel eine Konsequenz hat: Statt zwei sind immer drei Spieler am Aufbau in der hintersten Linie beteiligt.

Hier sieht man, dass Tuta, Hasebe und Hinteregger in der hintersten Linie stehen und den Aufbau betreiben. Im Spiel mit Viererkette sind das nur 2 Spieler gewesen. Hier ein Aufbaupass von Hinteregger auf Sow aus der vierten Minute.

Dieser Dreieraufbau mit drei Spielern ist im europäischen Spitzenfußball eher selten, in der Champions-League spielen das fast alle mit nur 2 Spielern und zwei Sechsern, dafür einem Spieler mehr in der vorderen Offensive. (Ein sehr schönes Beispiel aus dieser Woche ist Ajax Amsterdam gegen Borussia Dortmund. Die Amsterdamer haben gerade dadurch im vorderen Bereich immer Überzahl herstellen können.) Hintergrund ist, dass die Aufbaubälle, sofern sie technisch sauber gespielt werden, keine zentrale Absicherung benötigen. Auch Glasner hat das mit der Eintracht relativ lange praktiziert, seit dem Antwerpenspiel ist er dazu übergegangen, das Spiel zusätzlich abzusichern. Hier wird sichtbar, dass Glasner nun auf „Punkte erzwingen“ umgeschaltet hat.

Der Hintergrund ist relativ klar: Wenn die Eintracht einfach mehr oder weniger den Sicherheitsfußball spielt, den drei Viertel der Bundesligateams praktizieren, wird sich der deutlich stärkere Kader mehr oder minder automatisch durchsetzen. Nur wenn die Ambition über Platz 5-8 hinausgeht, wäre eine Weiterentwicklung notwendig. Diese Ambition scheint Glasner zunächst aufgegeben bzw. hintangestellt zu haben.

Die zweite Formationsfrage Spielt die SGE mit Dreier oder Viererkette? Lässt sich nach wenigen Minuten mit sowohl als auch beantworten. Im eigenen Aufbau sind drei Verteidiger beteiligt, bei Ballbesitz Piräus spielt die SGE praktisch durchgängig Viererkette.

Hier ein Beispiel aus der 6. Minute. Man sieht deutlich, dass Hinteregger Links- und Touré einen klassischen Rechtsverteidiger spielt, Tuta und Hasebe die Innenverteidiger spielen.

Diese Ausrichtung ließe sich anhand vieler weiterer Situationen belegen.

Die Formation der SGE ist also am ehesten ein relativ variables 4-4-2, das bei eigenem Aufbau von Touré rechts zum 3-5-2 aufgestockt wird. Hauptsächlich wird aber, wie in der vergangenen Saison Kostic links gesucht.

Die ersten zehn Minuten des Spiels sind recht ausgegelichen, Torszenen gibt es keine, der SGE gelingt ein Positionspiel mit gutem Hasebe-Pass in die Spitze ansonsten ist die die Mannschaft auf Sicherheit bedacht, von dem mutigen Angriffspressing der ersten Spiele ist praktisch nichts mehr zu sehen, bis auf die eine Szene auch kein mutiges, variables Positionsspiel mehr.

Die erste Großchance des Spiels hat Piräus nach einer im Grunde ungefährlichen Halbfeldflanke in der 12. Minute, El-Arabi vergibt freistehend vor Trapp.

Hier gut zu sehen, dass El-Arabi Tuta im Rücken entwischt ist, ein Kettenfehler der SGE. Viel Glück, dass El-Arabi den nicht einmal aufs Tor bekommt.

Auch der zweite gelungene SGE-Angriff entspringt einem Positionsspiel.

Hier die Pass- und Lauffolge. Ausgangspunkt ist ein Pass aus der Zentrale von Kamada auf Touré, Borré sucht sofort den tiefen Lauf, startet auf die longline-Spitzenposition und bekommt den Ball von Touré. Kamada startet Richtung 16er, bekommt dann die Flanke von Borré, verzieht dann aber per Kopf knapp.

Sehr gut ist hier aber auch zu sehen, dass die Piräus-Spieler an keiner Stelle Zweikampfnähe haben, Touré außen steht sogar völlig frei. Sehr gut, ruhig und geplant von der SGE gespielt, aber auch gegen einen inaktiven Gegner.

Die Strategie der Griechen, die SGE im Grunde überhaupt nicht unter Druck zu setzen, ist bemerkenswert.

Hier gut zu sehen, dass die in dieser Szene vier Aufbauspieler der SGE an der Mittellinie völlig unbehelligt aufbauen können. Die Szene ist aus der 18. Minute, man kann das im Re-Live gut nachverfolgen. Die Griechen schieben auch dann nicht heraus, als Jakic den Angriff mit einem vorsichtigen Vorstoß einleitet.

Das ist im Profifußball selten zu beobachten und kaum zielführend.

In der 20. Minute hat die SGE den nächsten interessanten Abschluss. Ausgangspunkt ist ein Ballgewinn von Jakic im Mittelkreis, Pass auf Kostic auf der offensiven Halbposition, dessen Flanke köpft Borré über das Tor.

In der 22. Minute eine große Chance für die SGE nach Ecke Kostic, Kopfball Borré. Herausgeholt hatte die Ecke Borré nach Dribbling links, vorausgegengen war ein Aufbaudiagonalpass von Hasebe auf Kostic (der dritte bis dahin im Spiel, Hasebe sucht wie gehabt sehr oft Kostic).

In der 25. Minute dann die Situation, die zum 1:0 führt. Ausgangspunkt ist ziemlich schwach organisiertes Positionsspiel der Griechen und ein Konter der SGE.

Hier der Moment des Ballgewinns durch Hasebe. Er macht das hier sehr gut, aber man sieht auch, dass das ein sehr schwacher und viel zu riskanter Pass von Lala war, auch Sow hätte den wahrscheinlich gewonnen.

Hasebe spielt dann auf Jakic, der lässt wieder auf Hasebe prallen und Hasebe spielt Kostic direkt an, womit der Konter mit Tempo eingeleitet ist.

Hier sieht man den von der SGE eigentlich nicht perfekt gespielten Konter. Kostics Pass auf Kamada ist schon nicht optimal gespielt, Kamada leitet den sehr unsauber auf Borré in dessen Rücken weiter. Borré macht das dann sehr stark, dribbelt Richtung Elfmeterpunkt und wird dort dann von dem stolpernden Cissé unbeabsichtigt umgemäht.

Der Elfer ist sicher berechtigt und einer starken Einzelleistung von Borré zu verdanken, die folgende Gelbe Karte gegen Cissé aber unberechtigt. Die Situation war insgesamt etwas glücklich, die folgende Führung durch den von Borré sicher verwandelten Elfmeter zu diesem Zeitpunkt aber nicht unverdient.

In der 29. Minute fällt dann der Ausgleich nach einem Freistoß von der linken Abwehrseite der SGE nach einem ziemlich unmotivierten Foul von Hinteregger. Der diagonale Flugball landet dann an der Hand von Jakic, der zuvor leicht gestoßen wurde. Das ist eine sehr unglückliche Situation, den Elfmeter kann man geben. Analytisch ist diese Situation kaum interessant, wenn überhaupt könnte man hier den Fehler bei Hinteregger suchen, der da ein unnötiges Foul produziert, weil er zu schnell in den ballführenden Gegenspieler rennt.

In der 38. Minute ein weiterer Versuch des Positionsspiels, allerdings recht einfach nur über links. Aufbauspieler ist Hinteregger, der Ball geht links raus auf Kostic, der spielt einen ziemlich unsauberen Doppelpass mit Kamada, kann seinen Gegenspieler aber übersprinten, die Flanke verwertet Touré am langen Pfosten direkt, aber daneben.

Hier der Ablauf des Angriffs. Der gesamte Spielaufbau und Angriffsablauf ist von Kostic abhängig, Kamada funktioniert hier nur als Wandspieler, und dass die Situation gefährlich wird, liegt allein daran, dass Kostic hier seinen Gegenspieler mit einem 20m-Sprint überrennt. Stark ist auch der Weg in die Spitze von Touré, der nicht nur in dieser Situation genau versteht, wo er hinlaufen muss und auch die Hereingabe richtig antizipiert, und sich solche Abschlüsse auch zutraut.

In der 39. Minute dann viel Glück für die SGE nach einem Konter der Gäste. Hier ist die linke Abwehrseite total offen und die Absicherung funktioniert nicht, wohl weil Jakic zu weit aufgerückt ist. Hasebe nimmt sich seinen ersten kleineren Stellungsfehler und ist dann im Sprint nach hinten zu langsam.

Tuta und Trapp bügeln das dann sehr stark und mit tollem, ruhigem Stellungsspiel aus, hier sieht man, dass der Passweg für El-Arabi nur noch sehr eng ist, aber dass El-Arabi dann einen schwachen Pass in Tutas Füße spielt, war auch großes Glück für die SGE. Hier hätte gut und gerne das 1:2 fallen können. Im Bewegtbild sieht man sehr schön, wie Tuta sich nach dem Pass, der Hasebe aus dem Spiel nimmt, umschaut und dann entscheidet, den Passweg zu verengen, statt den Anspiel-Stürmer zu decken. Eine sehr gute, richtige Entscheidung, die wohl beste Aktion von Tuta bis dahin im Spiel.

In der 44. Minute dann wieder ein Positionangriff der SGE, auch dieser bedingt durch einen Lauf von Kostic von ganz hinten nach ganz vorne, Paciencia und Kamada sind hier als Zwischenstationen mitbeteiligt, den Querpass von Kostic auf Jakic kann letzterer aber nicht gewinnbringend an- und mitnehmen, macht hier einen technischen Fehler. Das war eine starker Angriff, hauptsächlich von Kostic und Kamada.

Das 2:1 kurz vor der Halbzeit fällt dann nach einer Ecke. Hier ist die Entstehung der Ecke interessant, denn sie zeigt die vollkommen hanbüchene Herangehensweise der Gäste.

Hier im Bild spielt Hasebe gerade den Flugball in die Spitze auf Paciencia. Das X an der Mittellinie ist der Startpunkt von Hasebes Weg mit Ball am Fuß und man sieht, dass ihn die Griechen einfach gewähren lassen. Selbst jetzt, nachdem Hasebe seelenruhig zehn Meter in der griechischen Hälfte angedribbelt hat, ist der nächste Gegenspieler noch knapp zwei Meter entfernt und hat überhaupt keinen Zugriff. Hasebe kann diesen Ball unbedrängt auf Paciencia passen. Ein solches Abwehrverhalten wird die SGE in keinem Bundesligaspiel erwarten dürfen. Auch die Abstände der Piräus-Kette sind zu weit. Auch Paciencia bewegt sich hier im zu großen Zwischenraum zwischen RV und IV frei, niemand hat Zugriff, auch auf der anderen Seite sieht es ähnlich aus, man sieht, dass Borré ebenfalls den freien Raum in der Spitze anläuft. Auch Kamada ist hier übrigens anspielbar, die Griechen haben sich nicht nur in dieser Situation offenbar vorgenommen, möglichst alle Passwege zu öffnen.

Das Zuspiel auf Paciencia versucht dieser dann in die Mitte zu passen, ein Grieche ist dazwischen und klärt zur Ecke.

Die Kostic-Ecke köpft Hinteregger an die Latte, von dort landet der Ball bei Paciencia, der sofort auf Sow zurücklegt. Von Sow aus spielt die SGE dann eine sehr gute One-Touch-Kombination.

Hier nur ein kurzer Blick auf die Kombinationsfolge. Alle beteiligten Spieler, also Paciencia, Borré und Sow machen das sehr stark. Dies ist eine spontane Kombination. Solche Situationen können im Training nicht exakt einstudiert werden, aber die einzelnen Elemente können automatisiert werden, hier zum Beispiel das Absetzen nach hinten von Borré, und der gut getimte Laufweg von Sow in den freien Raum. Außerdem müssen die Bälle technisch sauber gespielt werden, alle drei machen das hier sehr gut.

Das ist ein sehr guter, schneller Spielzug, der zeigt, welches spielerische Potenzial in dem SGE-Kader steckt.

Die zweite Halbzeit (Re-Live)

In den ersten 10 Minuten der 2. HZ ändert sich im Spiel wenig, beide Teams haben einige Halbchancen, die SGE profitiert nach wie vor von den vielen Räumen, die ihnen die Griechen lassen, aber auch der Gegner hat eine gute Chance nach einem kleineren Kettenfehler der SGE.

Auffällig weiterhin: Die Angriffe der SGE resultieren hauptsächlich aus Ballgewinnen im Mittelfeldbereich und schnellen Umschaltaktionen.

Die Griechen versuchen es jetzt häufiger mit Pressing im vorderen Bereich, aber auch das wirkt wenig abgestimmt und bietet der SGE neue Freiräume im Mittelfeld.

Das 3:1 in der 59. Minute ist analytisch eine Fundgrube, denn hier sieht man vieles, was es taktisch in dem Spiel an Auffälligkeiten gab. Ausgangspunkt ist ein Freistoß der Griechen im eigenen Sechzehner. Sokratis führt den mit einem Querpass auf Cissé aus und hier sieht man deutlich das im Vergleich zum Saisonbeginn veränderte Pressingverhalten der SGE. Das sonst fast dauerhaft gespielte Angriffspressing ist nämlich weitgehend ausgeschaltet.

Zunächst einmal gut sichtbar hier, dass die SGE auf das Angriffspressing verzichtet. Der Aufbauspieler der Griechen wird von Borré nicht angelaufen, stattdessen weicht Borré sogar zurück. Das ist auch anders kaum möglich: Hier sieht man, dass die drei Angreifer ein Pressing in 3-6-Unterzahl starten müssten (der linke Piräus-Verteidiger ist hier nicht im Bild), das ist aussichtslos. Mit vier Spielern wäre das viel besser möglich, aber der vierte Offensive ist in der Formation mit Hasebe hinten gebunden.

Die SGE wartet, wie sehr häufig in dem Spiel entweder auf einen langen Aufbauball der Griechen, der dann sehr aggressiv attackiert wird, oder, wie in dieser Szene auf einen flachen Aufbauball, der dann ebenfalls attackiert wird.

Das ist wirklich eine klassische Mittelfeldpressing-Falle. Der erste Aufbauball wird von Touré sofort attackiert, Reabciuk muss ihn direkt spielen, wenn er nicht in den Zweikampf verwickelt werden will, die Anspielmöglichkeiten sind aber von der SGE alle verstellt oder so verengt, dass sie sofort wieder Zugriff haben. Hier gewinnt Tuta den Ball im Zweikampf. Er macht das stark und spielt den gewonnenen Ball direkt und kontrolliert auf Borré, der dann den Konter einleitet.

Über Kamada und Sow wird eine Seitenverlagerung auf Paciencia gespielt, der dann aus rund 23 Metern Torentfernung abzieht, den Ball kann Piräus-Torwart Vaclik nur abklatschen, Kamada setzt nach, kann den abgeklatschten Ball einmal mitnehmen und dann ins Tor schieben. Das war ziemlich lehrbuchhaft gespielt von der SGE, aber Kamada profitiert auch von einem Torwartfehler.

In der übrigen Spielzeit ändert sich wenig, was analytisch noch besonders erwähnenswert wäre. Die SGE bleibt weitgehend beim Mittelfeldpressing, Piräus gerät da häufig in die Pressingfallen und verliert die Bälle, die SGE kommt so noch zu mehreren Abschlüssen.

In der 60. Minute kommt N´Dicka für Tuta, ein positionsgetreuer Wechsel ohne große Auswirkungen.

Sehr interessant auch die 79. Minute, da sieht man sehr schön, was Glasner mit seinem „scheißegal“-Spruch nach dem Hertha-Spiel meinte. Er verwies nämlich darauf, dass es eben „scheißegal“ sei, mit welcher Aufstellung er spielen lasse, solange die 6er mit zu vielen Ballkontakten in der Zentrale spielen.

Es war relativ klar, dass damit Jakic gemeint war und der macht genau diesen Fehler hier wieder. Man sollte sich die Szene im Re-Live (ab 33:50) noch einmal genauer ansehen, im Standbild sieht man es schlecht. Hier sieht man aber immerhin, dass Jakic quer dribbelt. Statt mit dem zweiten Kontakt auf Touré will er hier weiterdribbeln und verliert den Ball.

Anschließend sieht man im Bewegtbild, wie sowohl Touré, als auch Glasner am Rand sehr wild werden. Die Situation wurde offenbar schon sehr, sehr häufig mit Jakic besprochen.

In der 82. Minute hat Piräus noch eine gute Chance nach schwachem Zweikampfverhalten von Hinteregger, Trapp hält stark.

In der 83. Minute kommen Durm und Rode für Paciencia und Touré, Glasner wechselt also etwas defensiv.

Die Formation ändert sich dadurch aber nicht, Sow rückt auf die 10, Rode übernimmt Sows Position auf der 6.

Kurz vor Schluss kommt Hauge für Sow, auch das ist dann ein positionsgetreuer Wechsel ohne große Auswirkungen.

Fazit und Spielerbewertungen

Vor dem Spiel waren sich sowohl auf Seiten der journalistischen Beobachter, als auch der Fans (was in Frankfurt traditionell kein großer Unterschied ist) die meisten einig, dass die SGE in der Krise ist, der Trainer mit Schnapsideen, die Mannschaft ohne Spielidee und ein potenzielles zweites Schalke. Nach dem Spiel behaupteten alle dann entweder das Gegenteil, oder erklärten , sie hätten ja schon immer gewusst, dass Kamada spielen müsse und Hasebe hinten, dann würde alles gut etc.

Die Analyse oben und auch schon die genaue Betrachtung des Hertha-Spiels haben gezeigt, dass Glasner die vielen gruppentaktischen Fehler der ersten Spiele (etwa bis zum Köln-Spiel), die sein neu eingeführtes Angriffspressing mit sich brachte, die zu großen Abstände zwischen den Mannschaftsteilen, die offenen Räume zwischen den Außen- und den ersten Innenverteidigern (wer die Analysen der Spiele hier verfolgt hat, weiß, was gemeint ist), nunmehr versucht dadurch abzustellen, dass er große Teile der neu eingeführten, deutlich anspruchsvolleren taktischen Vorhaben wieder kassiert hat und die Mannschaft wieder deutlich defensiver und auf Konter ausrichtet.

Im Detail:

– Die zu großen Abstände zwischen den Mannschaftsteilen, die meist dadurch entstanden sind, dass beim sehr hohen Anlaufen die hintere Reihe nicht weit genug nachgeschoben hat (siehe Hertha-Spiel), wurden einfach dadurch verringert, dass die drei Offensiven nicht mehr ganz vorne anlaufen. Das neue taktische Element, das bis zum Bayern-Spiel dazu geführt hatte, dass die SGE ligaweit die zweitmeisten Ballgewinne im vorderen Drittel erzielt hatte, wie Bayern-Trainer Nagelsmann anerkennend feststellte, wurde schlicht kassiert. Das hat kurzfristig die Konsequenz, dass weniger Freiräume entstehen, weil die SGE-Verteidiger nicht mehr viel falsch machen können, das ist aber andererseits der zumindest vorläufige Verzicht auf die Weiterentwicklung der Mannschaft.

– Das Problem mit den offenen Räumen innerhalb der Kette wurde offenbar mit Trainingsarbeit dahingehend gelöst, dass entweder die Innenverteidiger jetzt sehr weit nach außen nachrücken (vollkommen richtig), oder die Sechser jeweils hinter den Außenverteidigern oder in der Zentrale diese Räume nach hinten zulaufen (gut, wenn es funktioniert und niemand die Situationen verschläft). Beides hat gegen Piräus gut funktioniert.

– Das neue taktische Element geplantes Positionsspiel, das in den ersten Spielen zumindest gelegentlich versucht wurde und auch zu mehreren guten Aktionen und auch Toren geführt hat, wurde gegen Piräus kaum noch versucht. Ein Journalist freute sich daraufhin, Glasner lasse endlich wieder die „Wildheit“ zu. Der Eindruck der „Wildheit“ entspringt aber nur daraus, dass die Weiterentwicklung mit dem taktischen Element Positionsspiel von hinten nach vorne kassiert wurde, die Mannschaft den Gegner nun zwingt, lange Bälle zu spielen, diese dann attackiert, um zu kontern. Das sieht dann unheimlich „wild“ und „leidenschaftlich“ aus, ist aber nichts als eine Vereinfachung und der Verzicht auf Weiterentwicklung.

Die SGE-Mannschaft wird, wenn sie sich Richtung Spitzenmannschaft entwickeln will, die von Glasner erst eingeführten und jetzt wieder weitgehend eingestellten taktischen Elemente erarbeiten und umsetzen lernen müssen. Im Normalfall schafft es kein Team in der Bundesliga unter die ersten vier, das nicht in der Lage ist, regelmäßig über geplantes Positionsspiel Torchancen zu kreieren, kein Team sollte sich für die Champions League anmelden, das nicht über einen längeren Zeitraum Angriffspressing spielen kann ohne dass die hintere Linie vergisst nachzurücken.

Glasner ist – sehr nachvollziehbar – offenbar zu dem Ergebnis gelangt, dass mit den bisher und absehbar zur Verfügung stehenden Trainingszeiten die Elemente nicht so zuverlässig einzustudieren sind, dass die Mannschaft sie kurzfristig erfolgreich anwenden kann. Vielleicht hat er auch Zweifel, ob die individuellen Möglichkeiten der Spieler ausreichen, die auch technisch anspruchsvolleren taktischen Elemente überhaupt umsetzen zu können.

Zu den Spielerbewertungen: Die Kritik an der Aufstellung vom Herthaspiel ist teilweise berechtigt, Lindström, Hauge und Lammers sind in dieser Konstellation sowohl untereinander, als auch mit der restlichen Mannschaft zu wenig eingespielt, um das Offensivspiel alleine zu tragen. Warum Glasner zuletzt auf Kamada verzichtete, ist ohnehin rätselhaft gewesen. Bei Paciencia liegt der Fall etwas anders, er war total auf dem Abstellgleis, galt eigentlich schon als verkauft und hat sich jetzt wieder mit guten, engagierten Leistungen in die Mannschaft gespielt. Borré war gegen die Hertha nach seinem Rückflug aus Südamerika schlicht nicht von Beginn an einsatzfähig.

Auffällig stark waren gegen Piräus vor allem Sow und Borré, auch Kostic hatte viele gute Aktionen, er wurde fast immer von Hinteregger als Linksverteidiger gesichert, rückte nur sehr selten selbst in die Viererkette ein. Dennoch hat er mit den zusätzlichen Defensivaufgaben wieder an Gefährlichkeit verloren. Fast alle seine Torbeteiligungen hatte er in dieser Saison, wenn er die offensive Halbposition gespielt hat, ohne große Defensivaufgaben. Auch gegen Piräus war er an den Toren nicht direkt beteiligt. Er hat dennoch ein starkes Spiel gezeigt und hatte viele offensive Aktionen. Aber auch bei Touré und Kamada überwogen eindeutig die positiven Aktionen. Hasebe machte mit Abstand sein bestes Saisonspiel, leistete sich nur zwei kleinere Stellungsfehler und spielte den Pass auf Paciencia, der dann zur Ecke vor dem Tor führte. Auch Tuta hatte zwei sehr wichtige und starke Aktionen, einmal beim Verhindern des 1:2-Rückstandes und später bei der Einleitung des 3:1.

2 Kommentare

  1. Rafa sagt:

    vielen Dank für die starke Analyse, ich hoffe sehr, dass Glasner diese Idee weiter entwickelt

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