SGE – SV Darmstadt 98 4:2 (2:2)

Wieder viele Tore bei einem Spiel der SGE. Die Spielanalyse zum Einzug der SGE ins Viertelfinale.

Die Aufstellung

SGE: Trapp – Tuta, Hasebe, Ndicka (46. Smolcic) – Buta (82. Knauff), Kamada, Rode (70. Sow), Max (90. Lenz) – Borré (90. Jakic), Kolo Muani, Götze

SVD: Schuhen – Karic (90. Bennetts), Müller, Zimmermann, Holland, Ronstadt – Schnellhardt (73. Vilhelmsson), Kempe (85. Stojilkovic) – Mehlem, Tietz (73. Manu), Honsak (90. Torsiello)

Die Statistik

gibt es hier und hier.

Die Highlights

Die Spielanalyse

Erwartungsgemäß und taktisch vollkommen nachvollziehbar versuchten es die Darmstädter in der Anfangsphase immer wieder mit verschiedenen Anspielen aus dem Aufbau auf ihren großen, körperlich starken Mittelstürmer Philipp Tietz, der von Kamada und Hasebe an den Kopfballweitergaben und -ablagen der ersten Minuten überhaupt nicht gehindert werden konnte, was in der 5. Minute auch zur ersten großen Chance der Gäste führte (Mehlem-Hereingabe verpasst Honsak knapp, eintracht.tv ab 11:02). Glück für die SGE, dass es da nicht 0:1 stand.

Nach der folgenden Ecke der Darmstädter entsteht das 1:0 für die Eintracht. Zunächst kann die SGE die Ecke klären, den Ball sichern und die Darmstädter haben genug Zeit, um in ihre defensive Grundordnung zurückzukehren:

Die Darmstädter sind mit der 3er-Pressinglinie besetzt, dahinter auch in der Mittelfeldzentrale mit 3 Spielern besetzt. Allerdings sieht man, dass nach dem Rückzug nach der Ecke die Linien noch recht weit auseinanderstehen und Kamada sich dazwischen sehr frei bewegen kann. Hier der erste Aufbauball von NDicka Richtung Buta.

Bereits im Hertha-Spiel haben wir uns hier anhand des 2:0 dem (relativ neuen) Element im SGE-Spiel, dem Positionsspiel, etwas genauer gewidmet und festgestellt, dass es oft von einem Wechsel von tiefen Pässen und Querpässen gezeichnet ist. Bei dem Spielzug zum 1:0 gegen Darmstadt sieht man das auch. Im Detail hier im Videoclip:

Video-Zitat. Material von eintracht.tv; Bildrechte: DFB

Der letzte Steilpass Borré-Buta ist für die Darmstädter kaum noch zu verteidigen, ebensowenig die Flanke Buta-Kolo Muani.

Neben dem tief-quer-Positionsspiel waren für die Darmstädter auch andere Kombinationsformen und Angriffsmuster, insbesondere das Dreiecksspiel der SGE auf der rechten Mittelfeldseite, kaum zu verteidigen. Sie finden keinen Zugriff auf das Kombinationsspiel der SGE, lassen sich von dem Überladen der Außen durch die SGE immer wieder in Unterzahlsituationen drängen und verteidigen diese Situationen im Mittelfeld mit zu viel Distanz:

10. Minute: 4 gg. 2 im rechten Mittelfeldbereich, Darmstadt überlädt nicht dagegen (wie es bspw. die Mainzer im letzten Spiel vor der Winterpause erfolgreich praktizierten) und stehen auch nicht eng Mann gegen Mann, die zweite Möglichkeit, solche Überladungen zu verteidigen. Dadurch sind sie chancenlos, werden klassisch ausgepasst und Götze spielt dann den ausgehenden Tiefenpass auf den mit (3) Rode-Götze ausgelösten tief sprintenden Buta.

Dessen Hereingabe vergibt in der Zentrale Borré völlig freistehend, das hätte eigentlich das 2:0 sein müssen. (eintracht.tv ab 16:39)

So waren die Darmstädter in zu vielen Situationen heillos überfordert und konnten froh sein, dass erstens die SGE größte Chancen vergab, und zweitens, dass die Eintracht im hinteren Bereich selbst zu schwach war, um die Darmstädter dauerhaft wirkungsvoll zu verteidigen.

Das erste Gegentor geht zweifach auf die Kappe von Hasebe.

Video-Zitat. Material von eintracht.tv; Bildrechte: DFB

Das zweite Gegentor ist hingegen ein Kettenfehler. Vorausgegangen war ein langer, hoher, eigentlich schwacher Befreiungsschlag des Darmstädter Keepers, doch weder Kamada (mit sehr schwachem Kopfballtiming gegen Mehlem) noch Rode (nach einem eigentlich gewonnen Kopfballduell von Ndicka) können den Ball im Mittelfeld gewinnen, sodass die Darmstädter aus dem zentralen Mittelfeldbereich frei auf die SGE-Kette zulaufen können. Dass das reine Kettenverteidigen einer der größten Schwachpunkte der SGE ist, wurde hier oft gezeigt. Die Kettenfehler sind zuletzt deutlich weniger geworden, allerdings ist anzunehmen, dass das auch daran liegt, dass die SGE in den letzten Monaten enorm viel Spielkontrolle (Positionsspiel, Dreiecksspiel, Ballbesitz) hinzugewonnen hat und dass das Zusammenspiel mit der Mittelfeld- Angriffsreihe besser funktioniert, die Linien enger zusammenstehen. Umso interessanter sind Situationen, in denen die Kette einmal „alleine“ verteidigen muss und siehe da: Es werden direkt wieder krasse Kettenfehler produziert:

Tuta steht rund 5 Meter zu tief. Schnellhardt agiert hier in seinem Raum, er müsste also in der Gesmtrückwärtsbewegung höhenmäßig etwas vor Buta-Hasebe-Max stehen, aber niemals dahinter. So geht der bekannte No-Abseits-Raum auf, Schnellhardt spielt auf Honsak, der genau auf einen solchen Stellungsfehler in der Zentrale spekuliert und es steht 1:2

Das Ausgleichstor in der 44. Minute ist ein eher klassisches SGE-Tor nach starkem Anlaufen und Pressing-Ballgewinn von Max links gegen den Darmstädter Ronstadt. Das ging relativ leicht und nach der eigentlich abgewehrten Hereingabe von Max bekommt Rode den Rebound und spielt einen überragenden Steilpass in den Sechzehner, wo Götze und Borré die Situation stark zu Ende spielen. (eintracht.tv ab 50:20). Übrigens liegt hier weder im Zweikampf Max-Ronstadt, noch Götze-Holland ein Foul vor, wie einige Darmstädter reklamierten.

Mitte der zweiten Hälfte erhöhte die SGE deutlich den Druck, indem sie deutlich früher und häufiger und mit höherer Intensität ganz vorne anpresste und produzierte so Torchancen. Die Führung war in dieser Phase eine Frage der Zeit und fällt dann auch in der 62. Minute folgerichtig aus einer der Dauerpressingphasen. Zunächst können sich die Darmstädter in zwei Einwürfe retten, mit denen sie sich aber ebenfalls nicht befreien können. Aus einem solchen Einwurf entsteht dann die Pressingsituation im rechten Mittelfeld, bei der Rode und Borré den Ball gewinnen. Die komplette Herstellung einer adäquaten Angriffsstrukter funktioniert bei der SGE erstaunlich automatisiert und schnell, nur deshalb kann das Tor fallen. Alle Details im Clip:

Video-Zitat. Material von eintracht.tv, Bildrechte: DFB

Das entscheidende 4:2 ist dann wieder ein klassischer Konter, die Darmstädter mit einem sehr einfachen Passfehler im vorderen Bereich, Max und Götze gewinnen den Ball, Götze spielt einen Traumpass auf den startenden Kolo Muani, der im 1 gg 1 gegen Schuhen trifft, eintracht.tv ab 48:12.

Das Fazit

Die SGE war auch gegen Darmstadt in fast allen taktischen, spielerischen und individuellen Belangen klar besser, auch wenn sich die Lilien etwas besser wehren konnten, als zuletzt die Hertha. Das lag vor allem an der starken Darmstädter Offensive und den starken Schnellhardt, Mehlem und Honsak, die ohne große Probleme das SGE-Tempo mitgehen konnten.

Auch der taktische Move, Tietz gezielt gegen Hasebe und Kamada ins Spiel bringen zu wollen, war ein guter des Darmstädter Trainers und damit hatte die SGE ihre Schwierigkeiten.

Bei der SGE traten wieder die üblichen Fehler auf, die immer auftreten, wenn die hintere Reihe „alleine“ verteidigen muss, fehlendes IV-adäquates Stellungsspiel bei Hasebe (siehe erstes Gegentor) und Kettenstellungsfehler bei Tuta (zweites Gegentor). Auch dass Kamada auf der Sechserposition ein defensives Einfalltor ist, konnte gut beobachtet werden.

Solange die SGE es kollektiv verhindern kann, dass der defensive 3-2 bzw. 5-2 – Block alleine verteidigen muss, kann die Mannschaft zu null spielen, sobald aber die defensive Reihe eigenständig arbeiten muss, passieren nach wie vor zu viele Fehler, die die Darmstädter zu zwei Treffern nutzten. Die positionsfremd eingesetzten Spieler (diesmal Kamada, Hasebe) und die Kettenabstimmung bleiben Angriffspunkte für die Gegner.

Allerdings tritt dieses Problem mit zunehmender Spielkontrolle in den Hintergrund und Glasner hat die Mannschaft inzwischen von einer in erster Linie Kontermannschaft zu einem Team entwickelt, das neben Kontern auch verschiedene Angriffsmuster für das Positionsspiel (tief-quer, Passdrei- bzw. vierecke) und das Reboundspiel nahezu perfekt beherrscht und auch technisch stark genug ist, das regelmäßig anzuwenden. Gleichzeitig ist die Offensive derzeit vielleicht sogar die stärkste der Liga. In der aktuellen Form von dem gegen Darmstadt überragenden Borré hat die SGE jedenfalls mit ihm, Kolo Muani, Lindström, Götze und Kamada 5 absolute Top-Offensive und eine solche Besetzung findet man in der Bundesliga sonst nur noch bei Bayern, Dortmund oder Leipzig.

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6 Kommentare

  1. Anonymous sagt:

    Danke für die Analysen, sind immer sehr lehrreich.

    Kurze Hinweise:
    – das 2 zu 2 war von Borré, nicht Kolo.
    – der Doppelpass vor dem 3 zu 2 war Borré mit Götze, nicht mit Rode

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    1. Vielen Dank für das Lob und die Korrekturen/Anmerkungen.

      Du hast mit beidem natürlich recht, in den Clips kann ich es nicht nachträglich ändern. Im Text habe ich es korrigiert,

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  2. hendrik sagt:

    Danke für die Analyse. Wie immer etwas gelernt.

    Kleine Anmerkung: beim Kamada Tor steht im Video „Doppelpass Borre-Rode, es müsste aber Borre – Götze heißen.

    Viele Grüße
    Hendrik

    Gefällt 1 Person

    1. Ja, danke für Lob und Korrekturanmerkung ich kann das in dem Clip leider nicht nachträglich ändern. Schönes Wochenende und schönes Spiel morgen!
      BG

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  3. Dass das erste Gegentor von Hasebe verursacht wurde, sah jeder, der Augen im Kopf hat. Interessant dazu auch wieder das Klassenbuch der FR, die ihn „ganz okay“ fand: „25 Minuten die absolute Autorität auf dem Platz, unnahbar und ohne Fehl und Tadel. Baute ruhig von hinten auf, immer anspielbar. Dann schlichen sich bei den Kollegen Leichtsinnsfehler ein, die auch ihn nicht unberührt ließen. Konnte die beiden ersten Tore auch nicht verhindern.“ Pressemitteilungen aus einem Paralleluniversum.

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    1. Ja, sie haben nun endgültig den Verstand verloren, wie auch der kicker, der Ndicka mit „6“ benotet und ich habe keine Ahnung warum.

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